Zusammenhang Immobilienpreise und Bauzinsen

Sind die Immobilienpreise in den letzten Jahren nur wegen der niedrigen Zinsen gestiegen ?

Es gibt natürlich noch einige andere Gründe für die stark gestiegenen Immobilienpreise, aber der niedrige Zins hatte schon einen großen Anteil an den Preissteigerungen. Lag das monatliche Budget für den Immobilienkauf z.B. bei 1.250 €, konnte man noch im Dezember 2021 einen Kredit über 500.000 € aufnehmen, im Jahr 2012 lag die maximale Summe bei gleicher Ratenhöhe nur bei rund 320.000 €. So konnten sich in den letzten Jahren viel mehr Haushalte einen Immobilienkauf leisten, das hat - bei gleichbleibendem Angebot - zu erhöhter Nachfrage und damit zu steigenden Preisen geführt. Was passiert nun mit den Immobilienpreisen im Jahr 2022, nachdem sich die Zinsen mit aktuell über 3 % verdreifacht haben ?

Wir haben den mathematischen Zusammenhang zwischen Bauzinsen und Kaufpreisen in Karlsruhe untersucht. Verwendet wurden die vom Gutachterausschuss veröffentlichten Ertragsfaktoren und Liegenschaftszinssätze für die Jahre 2006 bis 2021. Schon in der ersten Grafik kann man erkennen, dass Zins und Rendite mit größer werdenden Abständen in die gleiche Richtung laufen, zur Information wird auch noch die Inflation angezeigt.

Beispiel Mehrfamilienhaus in Karlsruhe


Zusammenhang Bauzinsen, Mietrendite und Inflation
Verwendet wurden die durchschnittlichen Bauzinsen bei 10-jähriger Laufzeit vom Statistischen Bundesamt. Die vom Gutachterausschuss vorgegebenen Ertragsfaktoren (z.B. 20-fache Jahresmiete) wurden in Bruttomietrenditen umgerechnet (1 / 20-fach * 100 = 5 % Rendite). Spannend wird es sein, welchen Einfluss die aktuelle Inflation von 7,9 % auf die künftigen Immobilienpreise haben wird. In den Jahren 2006 bis 2021 gab es nur unwesentliche Schwankungen, ein Einfluss der Inflationsrate auf die Immobilienpreise ist nicht erkennbar und kann somit nicht ausgewertet werden.

Im nächsten Schritt haben wir die Werte für Zins und Rendite in einem Diagramm zusammengefasst und zusätzlich die Trendlinie eingezeichnet. Wie man sieht, liegen die einzelnen Werte bis auf wenige Ausnahmen bei besonders hohen und besonders niedrigen Zinsen nah an der Trendlinie. Wenn man die Trendlinie gedanklich verlängert und die Steigung der Linie misst, kommt man am Beispiel der Mehrfamilienhäuser in Karlsruhe auf folgende Gleichung:

Bruttorendite = 0,58 * Zins + 3,5     umgerechnet ergibt das:     Kaufpreis   =   Jahresmiete * 100
-------------------------
0,58 * Zins + 3,5


Zusammenhang Bauzinsen und Mietrendite bei Mehrfamilienhäusern
Ein Mehrfamilienhaus-Investor erwartet also eine Grund-Bruttomietrendite von 3,5 %, wenn der Bauzins bei Null liegen würde. Für jedes Prozent mehr Zins muss die Rendite um 0,58 % steigen. Im Jahr 2008 lag der 10-Jahres-Zins bei 4,6 %, die erwartete Bruttomietrendite lag also bei 0,58 x 4,6 + 3,5 = 6,2 %. Umgerechnet bedeutet 6,2 % Rendite ein Ertragsfaktor von 16,1, der Kaufpreis darf also nur das 16,1-fache der Jahresnettomiete betragen. Beispiel Mehrfamilienhaus mit 100.000 € Mieteinnahmen pro Jahr, Kaufpreis im Jahr 2008 rund 1,61 Mio €. Im Jahr 2021 wurde durchschnittlich das 29-fache (= 2,9 Mio) bezahlt, kalkuliert man im Juni 2022 mit dem Zins von 3 % und gleichbleibenden Mieten läge der Preis 34 % tiefer bei nur noch rund 1,9 Mio €.

Beispiel Einfamilienhaus in Karlsruhe

Einfamilienhäuser werden in der Regel von Selbstnutzern gekauft, da spielt die Rendite (theoretische Mieteinnahmen) nicht die größte Rolle. In der folgenden Grafik ist gut zu erkennen, dass die Grund-Bruttorendite deutlich tiefer ist und die Steigung (= Abhängigkeit vom Zins) weniger stark ausgeprägt ist. Ermitteln lässt sich folgende Gleichung:

Bruttorendite = 0,25 * Zins + 2,7     umgerechnet ergibt das:     Kaufpreis   =   Jahresmiete * 100
-------------------------
0,25 * Zins + 2,7


Zusammenhang Bauzinsen und Mietrendite bei Einfamilienhäusern
Ein Einfamilienhaus dürfte also bei einem Zins von Null das 37-fache (1 / 2,7 * 100) der theoretisch erzielbaren Jahresmiete kosten, jedes Prozent Zinsanstieg führt nur zu einem Renditeanstieg von 0,25 %.

Beispiel Eigentumswohnung in Karlsruhe

Eigentumswohnungen werden von Selbstnutzern und Kapitalanlegern gleichermaßen gekauft, erwartet wird also ein Wert zwischen dem reinen Kapitalanlegerobjekt Mehrfamilienhaus und dem reinen Selbstnutzerobjekt Einfamilienhaus. Tatsächlich lässt sich folgende Gleichung ermitteln:

Bruttorendite = 0,49 * Zins + 3,1     umgerechnet ergibt das:     Kaufpreis   =   Jahresmiete * 100
-------------------------
0,49 * Zins + 3,1


Zusammenhang Bauzinsen und Mietrendite bei Eigentumswohnungen
Die Grundrendite bei Null Zins liegt beim 32-fachen, jedes Prozent Zins mehr wird zur Hälfte berücksichtigt. Beispiel bei 3 % Zins: Renditeerwartung 4,57 %, entspricht dem 22-fachen der Jahresnettomiete.

Fazit

Unser mathematisches Modell ist natürlich nicht zu hundert Prozent auf den realen Immobilienmarkt anzuwenden. Die verwendeten Zahlen vom Gutachterausschuss sind Durchschnittszahlen, z.B. wurde bei Mehrfamilienhäusern im Jahr 2021 mit dem 28-fachen der Jahresnettomiete kalkuliert, tatsächlich wurden die billigsten Häuser nur mit dem 17-fachen, dafür die teuersten Häuser mit dem 41-fachen der Jahresmiete verkauft. Nicht berücksichtigt wurden auch externe Faktoren wie z.B. Corona-Lockdown, massive Kostensteigerungen bei Baumaterialien, die allgemeine Unsicherheit mit der Ukraine und die künftige Inflations- und Zinsentwicklung. Steigende Inflation ist eigentlich gut für Sachwerte wie Immobilien, das passt aber nur, wenn sich auch die Löhne und Mieten ähnlich entwickeln.

Die Renditeerwartungen werden sich bei steigenden Zinsen sicherlich deutlich erhöhen, schließlich sind in absehbarer Zeit auch wieder Guthabenzinsen für risikoarme Geldanlagen zu erwarten. Folglich müssten die Mieten steigen oder die Kaufpreise sinken. Mit deutlichen Mietsteigerungen ist in nächster Zeit nicht zu rechnen, dafür sind die Mieten mit Mietspiegel und Mietpreisbremse jetzt schon zu stark reguliert, siehe Mietpreisbremse in Karlsruhe. Bis die aktuelle Inflation auch in den Mietspiegeln berücksichtigt ist, werden noch viele Jahre vergehen.

Nach meiner Einschätzung wird der Run auf die selbst genutzte Immobilie weiter anhalten, damit sind keine deutlichen Preissenkungen in Sicht. Die Käufer werden sich vermutlich umorientieren, war bisher das Ziel das freistehende Einfamilienhaus, wird künftig eher das Reihenhaus in Frage kommen. Und die Haushalte, die bisher das ältere Reihenhaus gesucht haben, werden sich mit einer 4-Zimmer Eigentumswohnung mit Balkon anfreunden müssen. Bei den Kapitalanlagen sehe ich größere Veränderungen. In den letzten 10 Jahren haben viele Investoren so finanziert, dass die monatlichen Raten mit den Mieteinnahmen gedeckt wurden, man konnte also in 25 Jahren ohne weiteren Kapitaleinsatz die Immobilie durch die Mieten abbezahlen. Das wird bei über 3 % Zins nicht mehr funktionieren. Die Auswirkungen sind aktuell (Juni 2022) schon deutlich zu spüren. in den letzten Wochen wurden mehrere Mehrfamilienhäuser in den Immobilienbörsen angeboten, die Angebotspreise liegen nur noch zwischen dem 25- und 30-fachen der Jahresnettomiete.


Ihnen gefällt dieser Artikel ? Dann würden wir uns sehr über eine gute Bewertung bei Google freuen. jetzt bei Google bewerten