Am 23.10.2024 hat die rot/grüne Mehrheit im Karlsruher Gemeinderat den Hebesatz für die Grundsteuer ab 2025 mit 270 % beschlossen. Nach Berechnungen der
Landesregierung BW (siehe Transparenzregister)
hätte der aufkommensneutrale Hebesatz zwischen 243 und 269 % liegen müssen, die Stadt hat die Grundsteuerreform also gleich für eine Steuererhöhung genutzt. Eigentumswohnungen
auf kleinen Grundstücken werden künftig eher billiger, Einfamilienhäuser mit großen Grundstücken in guten Lagen werden deutlich teurer. Rund 40 % billiger wird es für die
Eigentümer von Gewerbegrundstücken, hier zeigt sich die Schwäche des modifizierten Bodenwertmodells in Baden-Württemberg.
Wie wird die neue Grundsteuer berechnet
Ganz einfach:
Grundstücksgröße x Bodenrichtwert = Grundsteuerwert (wird auf volle Hundert € nach unten abgerundet)
x Steuermesszahl (1,3 Promille bei Wohn-/Gewerbeimmobilien, 0,55 Promille bei Land- und Forstwirtschaft) = Grundsteuermessbetrag
x Hebesatz der Gemeinde (Grundsteuer B 270 % - bisher 490 %)
Einen Rabatt von 30 % gibt es, wenn das Gebäude überwiegend oder voll zu Wohnzwecken genutzt wird, einen weiteren Rabatt von 10 % für Kulturdenkmäler. Weitere Rabatte gibt es z.B. für
Sozialwohnungen nach dem Landeswohnraumförderungsgesetz.
NEU: Mit unserem Grundsteuerrechner können Sie mit wenigen Eingaben Ihre Grundsteuer ab 2025 berechnen.
Rechenbeispiele
Eigentumswohnung beim Gutenbergplatz, Grundstücksgröße 192 m², Miteigentumsanteil 114/1000, Wohnfläche 46 m², Gebäude zu 100 % wohnlich genutzt,
kein Kulturdenkmal, Grundsteuer bei einem Hebesatz von 490 % bisher rund 94 €
Bodenrichtwert zum 01.01.2022 = 1.250 € (vorher 1.150 €)
Grundsteuerwert = 192 x 114/1000 x 1.250 = 27.360 -> abgerundet = 27.300 €
Grundsteuermessbetrag = Grundsteuerwert x 1,3/1000 x 0,7 = 24,84 €
Jährliche Grundsteuer ab 2025 = Grundsteuermessbetrag x 270/100 = 67,07 €, das entspricht einer Senkung von 28,65 %.
Einfamilien-Reihenmittelhaus Nordweststadt, Grundstücksgröße 284 m², Wohnfläche 152 m², Grundsteuer bisher 480 €
Neue Grundsteuer bei einem Bodenrichtwert 2022 von 710 €/m² = 284 x 710 x 1,3/1000 x 0,7 x 270/100 = 495,33 €, entspricht einer geringen Steigerung von 3,19 %.
4-Parteien-Mehrfamilienhaus Weststadt, Grundstücksgröße 449 m², Wohnfläche 325 m², Grundsteuer bisher rund 303 €
Neue Grundsteuer bei einem Bodenrichtwert 2022 von 1.150 €/m² = 449 x 1.150 x 1,3/1000 x 0,7 x 270/100 = 1.268,55 €, entspricht dem 4,2-fachen der alten Steuer !
Bodenrichtwerte 2024
Der Gutachterausschuss Karlsruhe hat Ende Juni die Bodenrichtwerte zum 01.01.2024 veröffentlicht. Viele Werte sind gegenüber 2022 gleich geblieben, aber
in den typischen Mehrfamilienhausgebieten wurden Preissenkungen von rund 5 % festgestellt. Es ist schon ärgerlich, dass die Grundsteuer ab 2025 nach
den Höchstpreisen von 2022 berechnet wird, die heute schon nicht mehr aktuell sind. In 12 Bodenrichtwertzonen wurden größere Änderungen festgestellt (z.B.
Hardtstraße beim Kulturzentrum Tempel, Bodenrichtwert jetzt 300 €/m², 2022: 980 €/m²). Der Gutachterausschusses empfiehlt den Grundstückseigentümern in den betroffenen Zonen,
die Angaben der Bodenrichtwerte im Rahmen der Grundsteuerermittlung auf mögliche Änderungen zu prüfen. Details siehe
Bekanntmachung vom 28.06.2024
Bodenrichtwert übertiefe Grundstücke
Insbesondere in der Nordweststadt gibt es viele "übertiefe" Grundstücke, z.B. ein Grundstück in der Hertzstraße ist 568 m² groß, es ist durchschnittlich nur 7,47 Meter breit, dafür ist
es 76 Meter tief. Die Gutachterausschüsse legen die Bodenrichtwerte in der Regel für eine größere Zone fest, dabei werden die Schnitte der einzelnen Grundstücke nicht berücksichtigt.
Allerdings wird meistens eine Grundstückstiefe angegeben, für die der ermittelte Bodenrichtwert gilt. Der in BorisBW für die Hertzstraße ausgewiesene Bodenrichtwert von 700 €/m² gilt
nur für die ersten 40 Meter (Vorderland), der Rest ist Hinterland. Wäre das Grundstück auch im hinteren Bereich voll bebaubar, wäre der volle Bodenrichtwert für das gesamte Grundstück
anzusetzen.
Der Gutachterausschuss Karlsruhe hat auf seiner
Website "Ergänzungen zu den steuerlichen Bodenrichtwerten 2022" veröffentlicht. Danach ist das Hinterland zwischen 40 und 80 Metern Tiefe nur zu 33 % anzusetzen, wäre das Grundstück
über 80 Meter tief, der übersteigende Teil sogar nur zu 10 %. Ohne Aufteilung läge im Beispiel Hertzstraße der Grundsteuerwert bei 568 x 700 = 397.600 €, mit Aufteilung nur bei
ca. 299 x 700 + 269 x 700/3 = 272.000 € ! Wie das ins Elster-Formular eingegeben werden kann, habe ich nicht geprüft, aber bei der Differenz lohnt sich sicherlich ein Steuerberater.
Update Juli 2024: Bisher nur wenige Städte die neuen Hebesätze bekannt gegeben. Vorreiter war Boris Palmer in Tübingen, dort soll der Hebesatz von 660 auf 300 %
fallen. Auch Berlin hat angekündigt, den Hebesatz von 810 auf 470 % zu senken.
Update September 2024: Trotz massiver Proteste der Gemeinden hat das Land Baden-Württemberg die aufkommensneutralen Hebesätze berechnet und in einem
Transparenzregister veröffentlicht. Der faire
Hebesatz für Karlsruhe würde demnach zwischen 243 und 269 % liegen.
Warum wird die Grundsteuer geändert und ab wann gelten die neuen Werte
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2018 entschieden, dass die bisherige Einheitsbewertung nicht verfassungskonform ist, da gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt werden.
Bundestag und Bundesrat haben im November 2020 die Grundsteuer per Bundesgesetz neu geregelt, beschlossen wurde dabei auch, dass die Länder vom Bundesgesetz abweichen und ein eigenes
Modell für die Grundsteuer einführen können. Baden-Württemberg hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich per
Landesgrundsteuergesetz am 4. November 2020
für ein modifiziertes Bodenwertmodell entschieden.
Unterschieden wird in Grundsteuer A (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) und Grundsteuer B (betriebliche und private Grundstücke). Zusätzlich können die Kommunen ab 2025 mit der
Grundsteuer C eine höhere Steuer für unbebaute Baugrundstücke festlegen. Etwas mehr Aufwand wird es bei den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken geben, deshalb wird im
Folgenden nur auf Standard Wohn-/Gewerbegrundstücke eingegangen.
Die alte Einheitsbewertung gilt übergangsweise noch bis zum 31. Dezember 2024, ab 1. Januar 2025 wird die Steuer nach dem neuen Landesgrundsteuergesetz erhoben.
Welche Informationen werden für die Grundsteuererklärung in Karlsruhe benötigt
In der Presse sind zurzeit viele Horrormeldungen zu lesen, was auf die Grundstückseigentümer mit der Grundsteuerreform alles zukommt. Das mag in einigen Bundesländern stimmen, aber
Baden-Württemberg hat sich für ein radikal einfaches, modifiziertes Bodenwertmodell entschieden. Dabei wird nicht mehr berücksichtigt, wie das Grundstück bebaut ist. Ein edler Neubau
kostet genau so viel Grundsteuer wie ein komplett sanierungsbedürftiger Altbau. Ob das tatsächlich gerecht ist, wird sich erst nach Festlegung des neuen Hebensatzes zeigen. Ich rechne
heute schon damit, dass es zahlreiche Klagen geben wird.
Die Grundsteuererklärung muss zwischen 01.07. und 31.01.2023 (wurde Mitte Oktober um 3 Monate verlängert) abgegeben werden, die Übermittlung muss online erfolgen, nur in Ausnahmefällen
ist eine schriftliche Erklärung möglich. Die Übermittlung geht über das kostenlose E-Portal der Finanzämter Elster.
Die Formulare sind seit 1. Juli 2022 online, für das Versenden der Steuererklärung benötigen Sie ein Zertifikat. Falls Sie bisher Elster noch nicht nutzen, können Sie sich gleich bei
Elster registrieren, die Freischaltung kann schon mal zwei Wochen dauern.
TIPP: Nach Auskunft eines Finanzamt-Insiders rechnet man jetzt schon damit, dass nur 50 bis 60 % der Grundsteuererklärungen tatsächlich über Elster eingereicht werden.
Wenn Sie z.B. keinen privaten Computer (wohl aber Smartphone, Tablet und Geschäfts-PC) haben, können Sie die Steuererklärung auf Antrag auch schriftlich abgeben.
Benötigt werden folgende Informationen:
Das Aktenzeichen Ihrer Immobilie beim Finanzamt, Ihre Steuer-Nummer und Steuer-ID. Das Aktenzeichen finden Sie auf dem Einheitswertbescheid, bei vermieteten Immobilien
auch in Ihrer Steuererklärung. Immobilieneigentümer in Baden-Württemberg wurden ab Ende Mai vom Finanzamt angeschrieben werden, mit dem Schreiben wurden Aktenzeichen, Gemarkung
und Flurstück-Nr. mitgeteilt.
Angaben zum Grundstück. Adresse, Gemarkung, Flur, Flurstück, Grundbuchblatt Nr., Grundstücksfläche und - bei Eigentumswohnungen zusätzlich Miteigentumsanteil und Datum
der Grundbuch-Eintragung - finden Sie in einem Grundbuchauszug, Ihrem Kaufvertrag für die Immobilie oder bei Eigentumswohnungen auch in der Teilungserklärung. Wenn Ihnen die
Daten nicht vollständig vorliegen, können Sie gleich beim Grundbuchamt Maulbronn einen aktuellen, unbeglaubigten Grundbuchauszug für 10 € bestellen (geht auch per Mail an poststelle@gbamaulbronn.justiz.bwl.de)
Die Nutzungsart. Abgefragt wird, ob die Immobilie voll oder überwiegend wohnlich bzw. voll oder überwiegend gewerblich genutzt wird.
Kulturdenkmal. Falls Ihre Immobilie denkmalgeschützt ist, muss der Rabatt (10 %) in einem separaten Formular GW4 beantragt werden. Eine unverbindliche Aufstellung der
Kulturdenkmale in Karlsruhe finden Sie in der Datenbank der Kulturdenkmale.
TIPP: Die Formulare sind - wie schon fast erwartet - bürokratisch und unnötig kompliziert. Hier ein paar Ausfüllhilfen:
- Gemarkung: z.B. Karlsruhe
- Flur: z.B. 89.66 - lässt sich nicht in das Formular eingeben, da das Feld Stand 01.07. auf 3 Stellen begrenzt ist. Es gibt dann zwar eine Warnung, aber das Feld kann auch leer
bleiben
- Grundstücksgröße: z.B. 2 a 44 m² - Eintrag 244 m²
- Flurstück: z.B. 4464/2 - Eintrag Flurstück Zähler = 4464, Flurstück Nenner = 2
- Miteigentumsanteil bei Eigentumswohnungen: z.B. 150/1000, Eintrag im Feld "Zur wirtschaftlichen Einheit gehörender Anteil" Zähler = 150, Nenner = 1000
- Und jetzt kommt der Hammer: In Anlage GW2 muss noch einmal die Grundstücksfläche eingetragen werden, bei Eigentumswohnungen ist das nur die anteilige Grundstücksfläche. Obwohl die
Daten schon vorher eingegeben wurden, muss man das mit dem Taschenrechner ausrechnen, im Beispiel also 244 m² x 150/1000 = 36,6 m², abgerundet auf volle m² = 36
- Komplizierter wird es, wenn Sie im selben Haus einen Tiefgaragenstellplatz z.B. mit 10/1000 haben. Dann muss in Anlage GW2 eine weitere Fläche angelegt werden mit
244 x 10/1000 = 2,44 m², abgerundet = 2 m²
- So richtig kompliziert wird es, wenn Sie z.B. bei einem Reihenhaus in der Waldstadt a) das Hausgrundstück, b) einen Anteil am Garagengrundstück mit einer anderen Flurstück-Nr.
und c) vielleicht noch einen Anteil am Zuweg mit Mülltonnenplatz haben. Dann müssen schon im Hauptformular GW1 die verschiedenen Flurstücke angelegt werden.
Wer darf Sie bei der Grundsteuererklärung unterstützen
Die Übermittlung über Elster darf auch über "Angehörige" erfolgen, ob das Finanzamt unter Angehörigen neben der Familie auch Freunde und Bekannte versteht, ist mir leider nicht
bekannt. Hausverwaltungen dürfen die Steuererklärungen abgeben, aber nur, wenn sie auch die Mietverwaltung für Ihre Eigentumswohnung machen. Makler dürfen das nach dem
Steuerberatungsgesetz leider nicht übernehmen. Ansonsten bleiben nur die Steuerberater, die sind aber nach ersten Stimmen aus der Presse nicht besonders begeistert davon, viel Arbeit für
ein verhältnismäßig geringes Honorar zu übernehmen.
TIPP: Wenn Sie in den letzten 14 Jahren über uns eine Immobilie gekauft haben, liefern wir Ihnen kostenlos die benötigten Daten zur Immobilie, Sie benötigen dann nur noch
Ihre persönlichen Daten und einen Elster-Zugang oder nach Antrag ein Papierformular.
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