Vererben oder Verschenken von Immobilien in Karlsruhe
Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022
Bislang wurden Immobilien bei der Berechnung der Erbschaftsteuer vom Finanzamt oft niedriger eingeschätzt als z.B. ein Aktiendepot. Das war politisch eigentlich
nicht gewollt, es lag ganz einfach daran, dass die Finanzämter mit den vorgegebenen Berechnungsmethoden eine Immobilie ohne Besichtigung nicht korrekt bewerten
können.
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (beschlossen am 02.12.2022) soll diese Ungerechtigkeit beseitigt werden. In der Presse kann man zurzeit häufig lesen, dass die Erbschaftsteuer
deutlich gestiegen ist - das stimmt so nicht. Geändert wurden nur die Vorschriften zur Ermittlung des Wertes einer Immobilie im Bewertungsgesetz. Künftig soll der Wert vom
Finanzamt - ähnlich wie bei einem Sachverständigengutachten - nach der ImmoWertV berechnet werden. Steuersätze und Freibeträge beim Vererben wurden nicht geändert.
Schon bisher haben die Finanzämter den Immobilienwert nach Vergleichs-, Ertrags- oder Sachwertverfahren kalkuliert, nur entsprachen die Berechnungsvorschriften
für Ertrags- und Sachwertverfahren nicht den tatsächlichen Marktwerten in den letzten Jahren. Die neuen Vorschriften im Bewertungsgesetz entsprechen jetzt
einigermaßen den aktuellen Berechnungsvorschriften der ImmoWertV, aber ohne sachverständige Begutachtung können Ausstattung und Zustand einer Immobilie weiterhin
nicht berücksichtigt werden, angesetzt wird ein Mittelwert.
Grundsätzlich ist das Vergleichswertverfahren das am besten geeignete Verfahren, wenn ausreichend Kaufpreise von vergleichbaren Immobilien vorliegen oder der
Gutachterausschuss die Vergleichswerte festgestellt hat. In Karlsruhe - wie in vielen anderen Großstädten auch - veröffentlicht der örtliche Gutachterausschuss
schon seit vielen Jahren in seinem jährlichen Immobilienmarktbericht die entsprechenden Vergleichszahlen.
Eigentumswohnungen und Ein-/Zweifamilienhäuser
Hier verwendet das Finanzamt Karlsruhe schon lange die Vergleichswerte des Gutachterausschusses. Bei diesen Objektarten wird sich also bei der Erbschaftsteuer
ab 2023 nichts ändern.
Mehrfamilienhäuser, Geschäfts-/Bürogebäude und Teileigentum (z.B. Büroflächen und Praxen)
Sie werden in der Regel nach dem Ertragswertverfahren berechnet. Die wichtigste Stellschraube bei diesem Verfahren ist der Liegenschaftszins, auch dieser Wert
wird vom Gutachterausschuss Karlsruhe schon seit vielen Jahren vorgegeben. Hier wird sich nach meiner Einschätzung ab 2023 auch kaum etwas ändern.
Grundstücke
Hier wurde und wird der Wert nach dem vom Gutachterausschuss festgestellten Bodenrichtwert ermittelt, also ist auch hier keine Änderung ab 2023 zu erwarten.
Sonstige Objekte
Das Sachwertverfahren wird in der Regel angewandt, wenn im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht der Ertrag eines Grundstücks, sondern sein Wert oder die
Herstellungskosten im Vordergrund stehen. Dies ist vor allen Dingen dann gegeben, wenn das Grundstück eigengenutzt wird (Ein- oder Zweifamilienhaus) oder wenn
kein Ertrag erzielt wird (z.B. öffentliche Gebäude). Für Einfamilienhäuser liegen in Karlsruhe die benötigten Vergleichszahlen vor, also wird das Finanzamt das
Sachwertverfahren nur in einigen wenigen Sonderfällen verwenden. Dann kann es aber deutlich teurer werden, da bisher nur die vollkommen marktfremden
„Typisierten Herstellungskosten“ verwendet wurden.
Vergleichswerte
Der Gutachterausschuss Karlsruhe hat im Grundstücksmarktbericht 2021 erstmals ein eigenes Kapitel „Steuerliche Grundbesitzbewertung zum Zwecke der Erbschaft-
und Schenkungsteuer“ veröffentlicht. Die Zahlen sind nichts Neues, die ausführlicheren Zahlen aus den entsprechenden Kapiteln wurden lediglich auf die
Durchschnittswerte reduziert.
Der Vergleichswert wird unabhängig von der Lage, des Zustandes und der Ausstattung angesetzt. Bei einer heruntergekommenen Eigentumswohnung in einer mäßigen
Lage wird kaum der Vergleichspreis von 4.320 €/m² zu erzielen sein, ein top sanierter Altbau in der Weststadt wird umgekehrt wahrscheinlich eher zwischen
4.500 und 5.000 €/m² gehandelt. Der Preis für das Einfamilienhaus wird einigermaßen passen, wenn Zustand und Ausstattung durchschnittlich sind, bei einem top
sanierten und bestens ausgestatteten Haus wird sich der Wert eher Richtung 700.000 € bewegen.
Umland Karlsruhe - Gemeinden ohne Vergleichswerte
Bei Immobilien in ländlichen Gemeinden ohne professionellen Gutachterausschuss kann es zu erheblich höheren Erbschaftsteuern kommen, da die örtlichen Finanzämter
ab 2023 mit den neuen Berechnungsmethoden einen einigermaßen marktkonformen Wert ermitteln werden. Selbst Gemeinden wie Ettlingen oder Linkenheim-Hochstetten
veröffentlichen keine Vergleichswerte, auf die das Finanzamt zugreifen kann.
Fazit
In Karlsruhe gibt es keine Notwendigkeit, jetzt noch überstürzt eine Immobilie vorzeitig auf die Erben zu übertragen, der Steuerwert wird sich 2023 kaum
verändern. Im Gegenteil: FDP und CDU/CSU arbeiten an einer schon lange fälligen Erhöhung der Erbschaftsteuer-Freibeträge. Wenn die Freibeträge tatsächlich um
25 % steigen (wie von FDP-Chef Lindner vorgeschlagen), wird Vererben und Verschenken von größeren Vermögen deutlich günstiger.
Die Finanzämter verwenden immer den letzten veröffentlichten Immobilienmarktbericht. In den letzten Jahren war das mit jährlichen Preissteigerungen von 10 % oft
ein Vorteil, dass mit veralteten Daten gearbeitet wurde. Seit dem Zinsschock Mitte 2022 kam es teilweise aber zu deutlichen Preissenkungen, jetzt kann es sich
lohnen, auf den ungefähr ab Mitte 2023 erhältlichen Immobilienmarktbericht 2022 zu warten, die festgestellten Vergleichswerte werden voraussichtlich tiefer liegen.
Der vom Finanzamt festgestellte Wert muss nicht widerspruchslos hingenommen werden. Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Immobilie weniger wert ist, können Sie
Einspruch einlegen und mit einem Sachverständigengutachten den niedrigeren Wert belegen.
Ihnen gefällt dieser Artikel ? Dann würden wir uns sehr über eine gute Bewertung bei Google freuen.