Erbbaurechte in Karlsruhe Nordstadt und Nordweststadt

Was ist ein Erbbaurecht

Die Einführung des Erbbaurechts sollte den Wohnungsbau fördern, indem einerseits finanziell schwächeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zum Bauen gegeben werden sollte, andererseits wurde ein Instrument zur Bekämpfung von Bodenspekulationen geschaffen. In der Praxis wird das Erbbaurecht in Deutschland meist von Eigentümern größerer Flächen verwendet, um die Bebaubarkeit von Grundstücken wirtschaftlich auszunutzen und dennoch ihr Grundvermögen dauerhaft zu erhalten. Erbbaurechte werden daher vor allem von Kommunen, Kirchen und Stiftungen, seltener von Privatpersonen (insbesondere Adelshäusern) und Unternehmen vergeben. Vor dem Hintergrund deutlich ansteigender Grundstückspreise und zwecks Förderung und Erhaltung preisgünstiger Wohnungen vor allem in den Städten und Ballungsräumen erlebt das Instrument Erbbaurecht in Deutschland seit etwa dem Jahr 2018/2019 eine Renaissance: Städte und Gemeinden, aber auch Bund und Länder, denken - nicht zuletzt aufgrund entsprechenden Drucks aus der Zivilgesellschaft - wieder mehr über Grundstücksvergaben im Erbbaurecht nach oder praktizieren diese bereits wieder verstärkt.

Das Erbbaurecht kann wie ein Grundstück veräußert, vererbt und belastet werden, beispielsweise mit Grundpfandrechten (Grundschuld und Hypothek). Es wird deshalb in ein eigenes Grundbuchblatt eingetragen, das sogenannte Erbbaugrundbuch. Verfügungen über das Erbbaurecht wie z. B. Veräußerungen, Belastungen und bauliche Erweiterungen bedürfen der Zustimmung des Grundeigentümers, wenn dies im Erbbaurechtsvertrag vereinbart ist (§ 5 ErbbauRG). Das Erbbaurecht erlischt durch Ablauf der vereinbarten Zeit. Errichtete Gebäude müssen nach Ablauf der vereinbarten Zeit nicht abgerissen werden, der Erbbauberechtigte erhält vielmehr grundsätzlich eine Vergütung für den Gebäudewert (§ 27 ErbbauRG). (Quelle Wikipedia)

Erbbaurechte Einfamilienhausgrundstücke Nordweststadt

Im Wohngebiet Binsenschlauch in der Karlsruher Nordweststadt und im Stadtteil Neureut-Kirchfeld wurden in den 1950ern und 1960ern vom Land Baden-Württemberg viele Einfamilienhaus- Grundstücke im Erbbaurecht vergeben. Dadurch wurde den Bauwilligen erspart, den Bauplatz kaufen zu müssen und auf diese Weise kamen auch finanzschwächere Haushalte zu einem Eigenheim. Die Erbbauverträge wurden häufig für eine Dauer von 70 Jahren abgeschlossen und laufen damit in den nächsten 10 bis 15 Jahren aus. Seit Ende 2005 bietet das Land den betroffenen Erbbauberechtigten die Grundstücke zum Kauf an.

Für die Betroffenen stellt sich jetzt die Frage, was sie tun sollen. Eigentlich ist man nicht bereit, sich für den Grundstückskauf zu verschulden oder einen Großteil des Ersparten dafür auszugeben. Schließlich hat man sich daran gewöhnt, für wenige hundert Euro Erbbauzins pro Jahr "Immobilieneigentümer" zu sein. Das böse Erwachen dürfte aber beim Ablauf der Erbbauverträge kommen. Der Erbbaurechtsgeber wird kaum bereit sein, die Erbbauverträge zu den selben Bedingungen zu verlängern. Entweder wird er einen marktgerechten Erbbauzins verlangen (ca. 3-5 % vom Bodenwert pro Jahr) oder er wird auf Auszug drängen und die vereinbarte Entschädigung (meist zwei Drittel des Verkehrswertes des Gebäudes) auszahlen. Da die wirtschaftliche Nutzungsdauer von Einfamilienhäusern bei ca. 80 Jahren liegt und damit das Gebäude (ohne grundlegende Sanierung) nach 70 Jahren schon zu über 87 % abgeschrieben ist, wird die Entschädigung sehr gering ausfallen. Also doch in den sauren Apfel beißen und das Grundstück kaufen ?

In den letzten Jahren hat das Land die Grundstücke mit einem Rabatt von 20 % auf den offiziellen Bodenrichtwert verkauft. Der Rabatt ist nicht garantiert, er wird zu Beginn jedes Jahres neu festgelegt. Wenn die Kinder oder Enkel das Haus sowieso schon bewohnen, ist der Kauf des Grundstücks meist ein gutes Geschäft - so günstig kommt man wahrscheinlich nie wieder an ein Grundstück in der Nordweststadt. Bisher konnte ein Erbbaurecht gut weiterverkauft werden, der Käufer hat das Erbbaurecht (und das Gebäude) vom Erbbaurechtsnehmer gekauft, gleichzeitig wurde mit dem Land ein Kaufvertrag über das Grundstück vereinbart. Der Rabatt wurde auch dem Käufer gewährt, so konnte für das Erbbaurecht (das Haus) ein höherer Preis erzielt werden, den Käufer interessiert nur der Gesamtpreis der Immobilie. Vor wenigen Jahren hat das Land diese Vorgehensweise beendet. Der Rabatt wird nur noch gewährt, wenn der Erbbaurechtsnehmer selbst oder nahe Familienangehörige das Grundstück erwerben. Bei einem Weiterverkauf muss der gewährte Rabatt wieder zurückbezahlt werden.

Erbbaurechte Erzbergerstraße

Die Erbbaurechte wurde Mitte der 1950er Jahre für für die Dauer von 99 Jahren bestellt, die Restlaufzeit beträgt somit noch um 30 Jahre. Grundstückseigentümer ist das Land Baden-Württemberg. Für die Nutzung des Grundstücks wurde sehr niedrige Erbbauzinsen vereinbart, z.B. rund 100 € pro Jahr für eine 3-ZKB. Der Erbbauzins wird von der Hausverwaltung zusammen mit den übrigen Nebenkosten erhoben und an das Land Baden-Württemberg abgeführt. Das Land Baden-Württemberg ist grundsätzlich bereit, die Erbbaugrundstücke zu veräußern. In den letzten Jahren wurde beim Verkauf der Erbbaugrundstücke ein Rabatt von 20 % auf den regulären Bodenrichtwert eingeräumt, die Rabatte werden aber jedes Jahr im Staatshaushalt neu festgelegt. Der Verkauf kann nur einheitlich erfolgen, d.h., es können keine Miteigentumsanteile, sondern es kann nur das komplette Grundstück verkauft werden. Dies bedingt, dass alle Wohnungseigentümer kaufbereit sein müssen oder z.B. Mitglieder der Eigentümergemeinschaft Fremdanteile derjenigen erwerben, die dazu nicht in der Lage sind. Eine Verlängerung des Erbbaurechts nach Ablauf ist aus heutiger Sicht nicht wahrscheinlich, da sich das Land zunehmend durch Verkauf von den Erbbaugrundstücken trennen möchte. Sofern das Grundstück von den Miteigentümern nicht gekauft werden sollte, geht das Eigentum am Gebäude mit Ende des Erbbaurechts auf das Land über. Die Miteigentümer erhalten dann laut Erbbaurechtsvertrag eine Entschädigung in Höhe von 2/3 des Gebäudezeitwerts. Ganz billig wird ein Kauf des Grundstücks nicht, die Grundstücke sind sehr großzügig. Beispiel, Grundstücksgröße 3.360 m², Bodenrichtwert 670 €/m², ergibt bei einer 3-ZKB mit einem Miteigentumsanteil von 33/1000 einen anteiligen Kaufpreis für das Grundstück in Höhe von rund 75.000 €.

Wie wird ein Erbbaurecht für eine Wohnung bewertet

Bei der Bewertung eines Erbbaurechtes ist zunächst der Wert des fiktiv unbelasteten Grundstücks, also einer normalen Eigentumswohnung zu ermitteln. Von diesem Wert ist der Grundstückswert abzuziehen, der marktangepasste Bodenwertanteil des Erbbaurechts wird dann wieder dazu addiert.

Beispiel:
Wert einer fiktiv unbelasteten Eigentumswohnung 300.000 €
Grundstücksanteil 50.000 €
Erbbauzins 100 €/Jahr
Restlaufzeit Erbbaurecht 30 Jahre

Im ersten Schritt wird vom Wert der normalen Eigentumswohnung der Grundstücksanteil abgezogen, Zwischenergebnis also 250.000 €. Hinzu addiert wird der Vorteil, den der Erbbaurechtsnehmer durch den billigen Erbbauzins hat (marktangepasster Bodenwert). Berechnet wird dieser Wert als Differenz zwischen dem angemessenen Erbbauzins und dem tatsächlichen Erbbauzins, kapitalisiert über die Restlaufzeit. Angemessen sind z.B. 3 % Erbbauzins (3 % von 50.000 € = 1.500 € pro Jahr), tatsächlich bezahlt werden nur 100 € pro Jahr. Die Differenz von 1.400 € wird über 30 Jahre mit einem Zins von 3 % kapitalisiert (abgezinst), der Wert liegt im Beispiel bei 27.440 €. Für die Ermittlung des marktangepassten Bodenwertes hat der Gutachterausschuss so genannte Wertfaktoren ermittelt, sie sind abhängig vom Bodenrichtwertniveau und von der Höhe des tatsächlichen Erbbauzinses. In unserem Beispiel liegt der ermittelte Wertfaktor bei 85 %, der marktangepasste Bodenwert des Erbbaurechts liegt also bei 23.324 € und damit der Wert des Erbbaurechts bei 273.324 €.

Vereinfacht kann bei den in Karlsruhe üblichen Erbbauzinssätzen und Restlaufzeiten um 30 Jahre rund 50 % des Bodenwerts angesetzt werden, der Wert liegt also bei
300.000 € - 50.000 € / 2 = 275.000 €